Gratwanderung zwischen zulässiger Ermessensentscheidung und strafbarer Untreue bei öffentlicher Auftragserteilung

Titeldaten
  • Gruner, Alexander ; Razzaghi, Mellody
  • NZBau - Neue Zeitschrift für Bau- und Vergaberecht
  • Heft 1/2021
    S.20-22
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Aufsatz

Abstract
Die Autoren besprechen einen Beschluss des BGH vom 08.01.2020 (5 StR 366/19). Dieser beschäftigt sich mit den Voraussetzungen, unter denen ein Verstoß gegen haushaltsrechtliche Treuepflichten sowie gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit eine untreuerelevante Pflichtwidrigkeit und somit eine Straftat nach § 266 StGB darstellt. Eine Strafbarkeit könne lediglich im Falle eines gravierenden Pflichtverstoßes angenommen werden, der mit den Grundsätzen vernünftigen Wirtschaftens schlicht unvereinbar sei. Demnach könne zwar ein Verstoß gegen die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit einen Pflichtverstoß in diesem Sinne darstellen. Da es sich bei diesen Grundsätzen nur um die äußeren Grenzen des Ermessensspielraums des einzelnen Amtsträgers handele, sei ein gravierender Pflichtverstoß aber nicht stets dann anzunehmen, wenn der Entscheidungsträger nicht das sparsamste Angebot wähle. Der Vermögensnachteil könne hier ebenfalls anhand eines persönlichen/individuellen Schadenseinschlags festgestellt werden, wonach ein Schaden auch dann angenommen werden könne, wenn einer Leistung zwar abstrakt betrachtet eine gleichwertige Gegenleistung gegenüberstehe, diese aber für den Betroffenen nicht oder nicht im vollen Umfang brauchbar sei. Nach Auffassung der Autoren könne die Implementierung eines Compliance-Management-Systems dazu dienen, einerseits die eigene interne Ahndung von Vergabeverstößen zu vereinfachen und andererseits auch langfristige Kontrollmechanismen zu schaffen, die derartige Verstöße erst gar nicht aufkommen lassen.
Filip Lewandowski, Richter (Verwaltungsgericht), Frankfurt (Oder)