Vergaberechtswidrige Entgeltumwandlung durch kommunale Arbeitgeber

Titeldaten
  • Wagner, Olav; Weber, Konrad
  • BB - Betriebs Berater
  • Heft 41/2010
    S.2499-2506
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Aufsatz

§ 99 Abs. 1 GWB

Abstract
Der Beitrag befasst sich mit den rechtlichen und praktischen Konsequenzen des Urteils des EuGH vom 15.07.2010, C-271/08 (Kommission-Deutschland). Der EuGH hatte in diesem Urteil Verträge über die betriebliche Altersversorgung von öffentlichen Auftraggebern als vergabepflichtig und die Praxis kommunaler Auftraggeber, die Vertragspartner im Rahmen von Tarifvertragsverhandlungen ohne Ausschreibung im Tarifvertrag festzulegen, als europarechtwidrig eingestuft. Zunächst stellt der Verfasser die wesentlichen Urteilsgründe dar. Anschließend befasst er sich mit den Folgen des Urteils für die bestehenden Verträge. Eingangs geht er der Frage nach, ob die zugrundeliegenden Tarifverträge nach § 134 BGB nichtig sind. Dies lehnt er im Ergebnis ab. Im zweiten Schritt befasst er sich mit den betroffenen Rahmenverträgen zur die betrieblichen Altersvorsorge. Dabei geht er kurz auf die Unwirksamkeitsregelungen der § 101b GWB und § 138 BGB ein. Ausgehend von dem Grundsatz, dass vergaberechtswidrige Verträge zu beenden sind, untersucht er mögliche Rechtsgrundlagen für die Beendigung dieser Verträge. Den Weg über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) lehnt er ab. Er sieht vielmehr die Möglichkeit und Pflicht einer außerordentlichen Kündigung dieser Verträge. Diese Verpflichtung müsse nach seiner Ansicht jedoch unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ausgelegt werden. Daher käme eine Beendigung erst nach einem entsprechenden Neuabschluss von Verträgen in Betracht. Eine Ausnahme sieht er für den Fall, dass der Arbeitgeber Mitglied in einer Versorgungskasse ist. Hier führe der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit aufgrund der besonders nachteiligen Folgen, insbesondere für die Einzelverträge, zu keiner Beendigungspflicht, sondern nur zu einem Verbot von Neuabschlüssen. Abschließend erörtert er das Schicksal der Einzelverträge, die auf Grundlage dieser Rahmenverträge abgeschlossen wurden. Er kommt zu dem Ergebnis, dass aus Gründen der Verhältnismäßigkeit hier eine Kündigung nicht erforderlich sei.
Robert Thiele, MBA, TK / BMI, Berlin