Zur Behandlung des zwischen Angebots- und Zuschlagsfrist erkannten Kalkulationsirrtums

Titeldaten
  • Popescu, Paul
  • ZfBR - Zeitschrift für deutsches und internationales Bau- und Vergaberecht
  • Heft 4/2015
    S.342-352
Zusätzliche Informationen:
Aufsatz

§ 241 Abs. 2 BGB, §§ 119 ff. BGB

BGH, Urteil vom 11.11.2014 - X ZR 32/14

Abstract
Der Verfasser ordnet das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 11.11.2014 – X ZR /32/14 zur Verletzung der Pflicht zur Rücksichtnahme bei Erteilung des Zuschlags auf ein von einem Kalkulationsirrtum beeinflusstes Angebot in die bisherige Rechtsprechung zum Kalkulationsirrtum und die hierzu vertretenen Literaturmeinungen ein. Dem Urteil werden schwere dogmatische Bedenken entgegengehalten. Im Ergebnis höhle der Ansatz des BGH das Anfechtungsrecht nach §§ 119 ff. BGB aus. Zudem sei die vom BGH eingezogene Unzumutbarkeitsschwelle der „nicht mehr auch nur annähernd äquivalenten Gegenleistung" für eine Vergabestelle kaum praktikabel. Der Verfasser beschränkt den Umfang der Schutzpflichten nach § 241 Abs. 2 BGB und stellt einen Lösungsansatz vor, der auf einer hypothetischen Offenlegung der Kalkulationsgrundlagen zum Zeitpunkt des Angebotszugangs basiert. Die Beachtlichkeit eines vor Vertragsschluss erkannten Kalkulationsirrtums beruhe nämlich auf einer zufallsbedingten Diskrepanz zwischen Zeitpunkt des Angebotszugangs und des Vertragsschlusses. Angesichts des Sinn und Zwecks der Bindungswirkung nach § 145 BGB könne der Erklärende an einem so noch vor Vertragsschluss erkannten Kalkulationsirrtum nicht festgehalten werden, ohne dass es auf Fragen der Unzumutbarkeit ankäme.
Dr. Jan Helge Mey, LL.M. (McGill), BHO Legal, Köln