Dringlichkeitsvergabe nur in engen Grenzen

Titeldaten
  • Butzert, Clemens
  • NZBau - Neue Zeitschrift für Bau- und Vergaberecht
  • Heft 11/2021
    S.720-723
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Aufsatz

§ 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV, § 51 Abs. 2 S. 1 VgV, § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB

VK Baden-Württemberg, Beschl. v. 31.7.2020 – 1 VK 27/20, OLG Karlsruhe, Beschl. v. 4.12.2020 – 15 Verg 8/20

Abstract
Der Beitrag kommentiert einen Beschluss des OLG Karlsruhe (Beschluss vom 4.12.2020 – 15 Verg 8/20), in dem die Anforderungen an die Dringlichkeit für ein Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb konkretisiert werden. Im zugrunde liegenden Fall hatte der Auftraggeber unter Berufung auf § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV Busverkehrsleistungen für zwei Jahre im Wege eines Verhandlungsverfahrens ohne Teilnahmewettbewerb mit nur einem Unternehmen vergeben, nachdem ein zuvor bezuschlagtes Unternehmen auf Antrag von der Betriebspflicht entbunden worden war. Der Autor teilt im Wesentlichen die Auffassung des OLG, der zufolge strenge Anforderungen an die Dringlichkeit als Voraussetzung für ein Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb zu stellen seien. Insbesondere müsse dargelegt werden, dass die Mindestfristen für ein offenes Verfahren nicht eingehalten werden konnten. Im Hinblick auf die schon länger absehbare Entbindung des ursprünglich beauftragten Unternehmens habe die besondere Dringlichkeit nicht vorgelegen. Selbst im Falle eines Verhandlungsverfahrens ohne Teilnahmewettbewerb seien grundsätzlich mindestens drei Bewerber einzuladen, was der Wertung des § 51 Abs. 2 Satz 1 VgV entspreche. Im konkreten Fall habe das OLG außerdem zu Recht die gewählte Vertragslaufzeit von zwei Jahren als zu lang beanstandet, da die Laufzeit bei einer Dringlichkeitsvergabe zeitlich auf einen Rahmen zu beschränken sei, in dem eine Auftragsvergabe durch ein wettbewerbliches Vergabeverfahren möglich ist. Auch habe der Auftraggeber sein Ermessen durch den Ausschluss des vormals bezuschlagten Unternehmens überschritten, da § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB nicht schon bei vorzeitiger Entbindung von der Betriebspflicht erfüllt sei.
Christian Below, kbk Rechtsanwälte, Hannover