Darf’s ein bisschen mehr sein?

EuGH: Bei Rahmenvereinbarungen muss Höchstmenge angegeben werden
Titeldaten
  • Müller, Hans-Peter
  • Vergabe Navigator
  • Heft 6/2021
    S.9-12
Zusätzliche Informationen:
Aufsatz

§ 132 GWB

EuGH, Urteil v. 17.6.2021 Rs. C-23/20

Abstract
Der Beitrag kritisiert eine weitere Entscheidung des EuGH, der zu Folge Höchstgrenzen bzw. Höchstmengen von Leistungen, die aus einer Rahmenvereinbarung abgerufen werden sollen, in der Auftragsbekanntmachung veröffentlicht werden müssen. Einer Definition des Begriffs "Rahmenvereinbarung" folgt die Zusammenfassung der Entscheidung, der zu Folge die Rahmenvereinbarung ihre Wirkung verliere, wenn der bekannt gemacht Wert erreicht sei. Eine unterlassene Angabe in der Bekanntmachung führe nach dem EuGH nicht zur Unwirksamkeit der Vereinbarung insgesamt, sondern erst nach Erreichen der Höchstgrenze. Der Autor hinterfragt die Argumentation des EuGH und differenziert dabei anhand der Abrufverpflichtung des Auftraggebers zwischen "Rahmenvereinbarung" und "Rahmenvertrag". Der Autor differenziert hinsichtlich bei der Anwendung von § 132 GWB zwischen wert-/mengenabhängigen Änderungen und solchen, die nicht wert/mengenabhängig sind, was Auswirkungen auf die Anwendbarkeit von § 132 GWB habe. Er weist darauf hin, dass das Erreichen der bekanntgemachten Wert- oder Mengengrenze zivilrechtlich aufgrund des Parteiwillens in der Regel nicht als auflösende Bedingung einzuordnen sei, so wie es der EuGH getan habe. Im Unterschwellenbereich sei § 47 UvGO für Rahmenvereinbarungen nicht anwendbar, aber statt einer Vertragsänderung komme eine Verhandlungsvergabe ohne Teilnahmewettbewerb in Betracht. Der Beitrag schließt mit hilfreichen Praxistipps für öffentliche Auftraggeber und empfiehlt insbesondere, Angaben zu Höchstmenge bzw. -wert neutral zu gestalten, um die Auslegung als auflösende Bedingung nach § 158 Abs. 2 BGB zu vermeiden.
Christian Below, kbk Rechtsanwälte, Hannover