Das neue Preisrecht - Auswirkungen auf die Praxis im öffentlichen Auftragswesen

Auswirkungen auf die Praxis im öffentlichen Auftragswesen
Titeldaten
  • Müller, Hans-Peter
  • Vergabe Navigator
  • Heft 3/2022
    S.11-18
Zusätzliche Informationen:
Aufsatz

Verordnung PR Nr 30/53

Abstract
Der Verfasser analysiert die Änderungen, die die Verordnung PR Nr 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen vom 21.11.1953 nach nahezu 70 Jahren ohne praktische Veränderungen nun durch die Verordnung vom 25.11.2021 (BGBl. I S. 4968) erfahren hat. Die Änderungen seien zwar nicht als Radikalreform zu charakterisieren, der ursprünglich im Bundeswirtschaftsministerium erarbeitete Minimalkonsens sei aber durch den Bundesrat maximal erweitert worden. Der Verfasser setzt sich im Einzelnen mit den Änderungen auseinander: (1) Legaldefinition der Marktgängigkeit, (2) Definition des verkehrsüblichen Preises als betriebssubjektiven Preis, (3) Vermutungsregel für Verkehrsüblichkeit, (4) Preisprüfung insb. Möglichkeit zur Kostenschätzung, (5) Anpassungen in den LSP zum betriebsnotwendigen Kapital und (6) zum üblichen Gewinnzuschlag. Während die Anpassungen in § 4 VO PR Nr. 30/53 zu den Preisen für marktgängige Leistungen als überfällige Übernahme der Entwicklungen in Schrifttum und Rechtsprechung angesehen werden, äußert der Verfasser erhebliche rechtliche Zweifel an dem auf Initiative des Bundesrates eingefügten § 9 Abs. 5 VO PR Nr 30/53. Die Möglichkeit, nun im Rahmen der Preisprüfung unter bestimmten Voraussetzungen die angemessenen Kosten schätzen oder angemessene Sicherheitsabschläge ansetzen zu können, sei ein Dammbruch. Eine Preisfestsetzung passe nicht in das marktwirtschaftliche Gefüge; der als Verbotsgesetz ausgestaltete Höchstpreisgrundsatz laufe ins Leere. Im Ergebnis könnten sich öffentliche Auftraggeber nicht mehr darauf verlassen, ihren Rückforderungsanspruch auf der Grundlage der hoheitlichen Preisprüfung beweisen und durchsetzen zu können.
Dr. Jan Helge Mey, LL.M. (McGill), BHO Legal, Köln