Das Berücksichtigungsgebot des Bundes-Klimaschutzgesetzes und seine Relevanz im Vergaberecht

Titeldaten
  • Siegel, Thorsten
  • NZBau - Neue Zeitschrift für Bau- und Vergaberecht
  • Heft 6/2022
    S.315-319
Zusätzliche Informationen:
Aufsatz

§ 13 KSG

Abstract
Der Autor befasst sich mit dem Berücksichtigungsgebot des § 13 Klimaschutzgesetz des Bundes (KSG) und seine Folgen für die Vergabepraxis. Er erörtert zunächst die Systematik des § 13 KSG. Danach sei in § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG ein allgemeines Berücksichtigungsgebot normiert, das in sachlicher Hinsicht auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene zu berücksichtigen sei. Materiell erstrecke sich die Anwendung auf alle Planungen und Entscheidungen mit Ermessensspielraum. Bei § 13 Abs. 2 KSG handle es sich um ein besonderes Berücksichtigungsgebot, das in persönlicher Hinsicht lediglich die Bundesebene erfasse. Der sachliche Anwendungsbereich erfasse Investitionen und Beschaffungen. Der Autor meint, das allgemeine Berücksichtigungsgebot enthalte ein formelles Befassungsgebot, das sich durch die zunehmende Bedeutung des fortschreitenden Klimawandels einem Optimierungsgebot annähere. Zwar genieße der Klimaschutz nach wie vor keinen „unbedingten“ Vorrang gegenüber anderen Belangen; er sei aber auch nicht mehr „ohne Weiteres wegabwägbar“. Unter diesem Aspekt könne man auch die Grundsätze des § 13 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 KSG übertragen, die veranschaulichen, wie ein relativer Vorrang des Klimaschutzes ausgestaltet werden kann. Das besondere Berücksichtigungsgebot in § 13 Abs. 2 KSG enthalte anders als § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG konkretere Aussagen. So sei hier - abgesehen von einem ausdrücklichen formellen Befassungsgebot - durch die Aussage des § 13 Abs. 2 Satz 2 KSG, dass treibhausarme Realisierungsmöglichkeiten gesucht werden sollen, ein spezifiziertes Optimierungsgebot enthalten. Doch auch hier genieße der Klimaschutz keinen absoluten Vorrang. Das verdeutliche auch § 13 Abs. 2 Satz 3 KSG, wonach Mehraufwendungen nicht außer Verhältnis zur Treibhausgasminderung stehen dürfen. Jedoch sei bei mehreren Realisierungsmöglichkeiten solchen Maßnahmen der Vorrang einzuräumen, bei denen das Ziel der Treibhausgasminderung mit den geringsten Kosten erreicht werden kann. In § 13 Abs. 3 KSG ist der Wirtschaftlichkeitsgrundsatz verankert. Der Autor kritisiert, dass sich aus dem Wortlaut nicht ergibt, ob sich § 13 Abs. 3 KSG auf die oberschwellige Kartellvergabe oder das unterschwellige Haushaltsvergaberecht bezieht. Er kommt zu dem Ergebnis, dass § 13 Abs. 3 KSG mit § 13 Abs. 2 KSG eine Einheit darstellen muss. Für das Vergaberecht ergebe sich aus § 13 Abs. 3 KSG eine Wesentlichkeitsschwelle, die den Anwendungsbereich auf für den Klimaschutz bedeutsame Maßnehmen beschränkt. Insgesamt würden durch den § 13 KSG sowohl auf der Tatbestandsseite Beurteilungsspielräume als auch auf der Rechtsfolgenseite Ermessensspielräume geschaffen, die im Vergaberecht berücksichtigt werden können und müssen. Subjektive Rechte für unterlegene Mitbewerber seien aus § 13 KSG aber nicht abzuleiten.Der Autor meint, das allgemeine Berücksichtigungsgebot enthalte eine formelles Befassungsgebot, das sich durch die zunehmende Bedeutung des fortschreitenden Klimawandels einem Optimierungsgebot annähere. Zwar genieße der Klimaschutz nach wie vor keinen „unbedingten“ Vorrang gegenüber anderen Belangen; er sei aber auch nicht mehr „ohne Weiteres wegabwägbar“. Unter diesem Aspekt könne man auch die Grundsätze des § 13 Abs. 2 S. 2 und S. 3 KSG übertragen, die veranschaulichen, wie ein relativer Vorrang des Klimaschutzes ausgestaltet werden kann. Das besondere Berücksichtigungsgebot in § 13 Abs. 2 KSG enthalte anders als § 13 Abs. 1 S. 1 KSG konkretere Aussagen. So sei hier - abgesehen von einem ausdrücklichen formellen Befassungsgebot - durch die Aussage des § 13 Abs. 2 S. 2 KSG, dass treibhausarme Realisierungsmöglichkeiten gesucht werden sollen, ein spezifiziertes Optimierungsgebot enthalten. Doch auch hier genieße der Klimaschutz keinen absoluten Vorrang. Das verdeutliche auch § 13 Abs. 2 S. 3 KSG, wonach Mehraufwendungen nicht außer Verhältnis zur Treibhausgasminderung stehen dürfen. Jedoch sei bei mehreren Realisierungsmöglichkeiten solchen Maßnahmen der Vorrang einzuräumen, bei denen das Ziel der Treibhausgasminderung mit den geringsten Kosten erreicht werden kann.
In § 13 Abs. 3 KSG ist der Wirtschaftlichkeitsgrundsatz verankert. Der Autor kritisiert, dass sich aus dem Wortlaut nicht ergibt, ob sich § 13 Abs. 3 KSG auf die oberschwellige Kartellvergabe oder das unterschwellige Haushaltsvergaberecht bezieht. Er kommt zu dem Ergebnis, dass § 13 Abs. 3 KSG mit § 13 Abs. 2 KSG eine Einheit darstellen muss. Für das Vergaberecht ergebe sich aus § 13 Abs. 3 KSG eine Wesentlichkeitsschwelle, die den Anwendungsbereich auf für den Klimaschutz bedeutsame Maßnehmen beschränkt. Insgesamt würden durch den § 13 KSG sowohl auf der Tatbestandsseite Beurteilungsspielräume als auch auf Rechtsfolgenseite Ermessensspielräume geschaffen, die im Vergaberecht berücksichtigt werden können und müssen. Subjektive Rechte für unterlegene Mitbewerber seien aus § 13 KSG aber nicht abzuleiten.
Linda Siegert, ESCHE SCHÜMANN COMMICHAU Rechtsanwälte Wirtschaftsprüfer Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft mbB, Hamburg