Zum mit Rückwirkung entfallenden Zuschlag nach dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages

Titeldaten
  • Walter, Otmar
  • VergabeR - Vergaberecht
  • Heft 5/2022
    S.609-612
Zusätzliche Informationen:
Aufsatz

BGH, 23.11.2021 - XIII ZR 20/91

Abstract
Aus Anlass eines BGH-Urteils vom 23.11.2021 (XIII ZR 20/19) und anknüpfend an eine frühere eigene Befassung mit der Thematik erörtert der Autor die Frage, ob im Falle der nachträglichen einvernehmlichen Aufhebung eines Vertrages, der durch Zuschlagserteilung in einer öffentlichen Ausschreibung zustande gekommen ist, der Zuschlag rückwirkend entfallen und in diesem Falle auf die Angebote der unterlegenen Bieter zurückgegriffen werden kann. Nach einer kurzen Befassung mit der zivilrechtlichen Möglichkeit und den notwendigen Auslegungsüberlegungen zur Feststellung einer rückwirkenden Aufhebung des Vertrages werden die vergaberechtlichen Folgen behandelt. Es sei anerkannt, dass die Zuschlagsfähigkeit der Angebote nicht durch Ablauf der Bindefrist entfalle, sofern die Bieter zu deren Verlängerung bzw. der Annahme des Zuschlages trotz abgelaufener Bindefrist noch bereit sind. Vergaberechtliche Regelungen oder Grundsätze stünden dem Zurückgreifen auf die Angebote zunächst unterlegener Bieter nicht entgegen. Ein Fall des § 132 GWB liege mangels zustande gekommenen Vertrages nicht vor. Jedenfalls bei zeitnaher rückwirkender Aufhebung des Zuschlages (bzw. Vertrages), z.B. bei Feststellung eines Fehlers in der Angebotswertung, komme daher eine einvernehmliche Aufhebung des Vertrages und anschließende Vergabe an einen anderen Bieter des Vergabeverfahrens noch in Betracht.
Dr. Martin Dieckmann, ESCHE SCHÜMANN COMMICHAU, Hamburg