Der Erwerb der Leistung als Bestandteil der Auftragsvergabe – ein wenig beachtetes Ziel im Vergaberecht

Titeldaten
  • Walter Otmar
  • VergabeR - Vergaberecht
  • Heft 3/2025
    S.288-299
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Aufsatz

Abstract
Der Beitrag befasst sich mit einem, wie der Verfasser selbst bemerkt, bislang wenig beachteten
Regelungsaspekt der „allgemeinen“ Vergaberichtlinie 2024/14/EU, nämlich dem „Erwerb“ der Leistung,
den der Verfasser offenkundig als konstitutives Merkmal des Auftragsbegriffs ansieht. Diese Annahme wird
aus der Regelung des Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie abgeleitet. Ausgehend von der These, dass der Wortlaut
der Richtlinienbestimmungen den „Erwerb“ der Leistung als für das Vorliegen eines öffentlichen Auftrags
notwendige Bedingung ansehe, hält der Autor das Vergabeverfahren anscheinend nicht bereits mit der
Zuschlagserteilung, also dem Zustandekommen des schuldrechtlichen Vertrages, für abgeschlossen,
sondern wohl erst mit der zumindest teilweise stattgefundenen Erfüllung eben durch den „Erwerb“ der
ausgeschriebenen Leistung. Hieran anknüpfend, sucht der Verfasser zu begründen, dass ein mangels
„Erwerb“ der Leistung noch nicht vollzogener Vertrag wieder aufgelöst werden könne, wohl mit der
Wirkung, dass wegen so nicht eingetretener Beendigung des Vergabeverfahrens auch noch der
nachfolgende Bieter ohne erneutes Vergabeverfahren zum Zuge kommen könne. Diese Sichtweise wirft
zumindest interessante Fragen im Verhältnis zur gesetzlichen Annahme vom Zuschlag als Endpunkt des
Vergabeverfahrens (§ 168 Abs. 2 Satz 1 GWB; vgl. auch BGH, 19.12.2000 – X ZB 14/00) und zu den
Anforderungen an nachträgliche Auftragsänderungen (§ 132 GWB) auf, die wohl noch der näheren
Betrachtung bedürften.
Dr. Martin Dieckmann, ESCHE SCHÜMANN COMMICHAU, Hamburg