DFB, Adidas, Nike und das Vergaberecht: Was das EuGH-Urteil zur FIGC für deutsche Sportverbände bedeutet

Titeldaten
  • Schoppe, Christoph; Bonde, Fabius
  • 2025
    S.245-251
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Aufsatz

Abstract
DFB, Adidas, Nike und das Vergaberecht: Was das EuGH-Urteil zur FIGC für deutsche Sportverbände bedeutet
In ihrem Beitrag untersuchen die Verfasser die Folgen des EuGH-Urteils (Urt. v. 03.02.2021 – C-155/19) zur Federazione Italiana Giuoco Calcio (FIGC) für deutsche Sportverbände. Der EuGH hatte entschieden, dass die FIGC trotz ihrer privatrechtlichen Organisation als öffentlicher Auftraggeber im Sinne des Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 RL 2014/24/EU gilt, da sie staatliche Aufgaben im Allgemeininteresse wahrnimmt sowie einer staatlichen Aufsicht unterliegt und folglich den Vorgaben des europäischen Vergaberechts untersteht. Vor diesem Hintergrund beleuchten die Autoren die Frage, ob sich diese Einstufung auch auf deutsche Verbände, insbesondere den Deutschen Fußball-Bund (DFB) und seinen neu abgeschlossenen Sponsoring- und Ausrüstungsdeal mit Nike, übertragen lässt. Dafür zeigen die Autoren zunächst, dass Sponsoringverträge grundsätzlich als entgeltliche Verträge i.S.d. § 103 GWB gewertet werden können. Jedoch sei der DFB kein öffentlicher Auftraggeber, da weder der DOSB noch das für Sport zuständige Bundesministerium Aufsichtsbefugnisse im Sinne des § 99 Nr. 2 lit. b GWB haben. Als maßgebliches Argument führen die Verfasser hier die Verbandsautonomie nach Art. 9 Abs. 2 GG an. Auch sei der DFB nicht überwiegend öffentlich finanziert i.S.d. § 99 Nr. 2 lit. a GWB. Anders stelle sich die Situation für andere deutsche Spitzen- und Breitensportverbände dar. Viele von ihnen seien finanziell erheblich auf staatliche Zuschüsse angewiesen, sodass eine überwiegend öffentliche Finanzierung nach § 99 Nr. 2 lit. a GWB vorliegen kann. Diesbezüglich müsse eine Einzelfallprüfung erfolgen. Überschreitet ein Verband damit die Schwelle zum öffentlichen Auftraggeber, muss er große Beschaffungen – etwa für Sportmaterialien oder Bauprojekte – nach den EU-Vergaberecht ausschreiben. In ihrem Fazit kommen die Verfasser zu dem Schluss, dass der DFB zwar kein öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 99 GWB ist und der Abschluss des Sponsoringvertrags mit Nike ohne öffentliche Ausschreibung abgeschlossen werden durfte, diese Grundsätze aufgrund ihrer Finanzierungsstruktur aber nicht ohne Weiteres auf alle deutschen Sportvereine übertragen werden dürfen.
Aline Fritz, FPS Fritze Wicke Seelig Partnerschaftsgesellschaft von Rechtsanwälten, Berlin