Vergaberechtlicher Tarifzwang auf Bundesebene?

Bedenken gegen den Regierungsentwurf eines Tariftreuegesetzes
Titeldaten
  • Hartmann, Felix
  • ZIP - Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
  • Heft 7/2025
    S.200-204
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Aufsatz

Abstract
Der Verfasser analysiert den vom Bundeskabinett im August 2025 beschlossenen Entwurf eines Bundestariftreuegesetzes. Das Gesetz soll die Teilnahme an Vergabeverfahren des Bundes von der Einhaltung tariflicher Arbeitsbedingungen abhängig machen, auch wenn Unternehmen nicht tarifgebunden sind. Der Verfasser stellt fest, dass dies einen faktischen Zwang zur Tarifbindung bedeute und untersucht die Vereinbarkeit mit Verfassungs- und EU-Recht. Er arbeitet Verstöße gegen die Art. 12 Abs. 1 GG, die Koalitionsfreiheit sowie gegen das Demokratieprinzip heraus. Im Hinblick auf das EU-Recht hält er die Regelung mit der Entsenderichtlinie 96/71/EG und der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV für unvereinbar. Die vorgesehenen Nachweispflichten, Haftungsregelungen und Sanktionen bewertet er als unverhältnismäßig. Der Verfasser kommt zu dem Ergebnis, dass konstitutive Tariftreuevorgaben weder verfassungs- noch unionsrechtskonform seien. Der Gesetzgeber solle von einer Einführung absehen oder den Entwurf grundlegend überarbeiten. Außerdem solle der Entwurf wenigstens in der Weise umgestaltet werden, dass die Einhaltung irgendeines einschlägigen Tarifvertrags, etwa eines eigenen Haus- oder Verbandstarifvertrags, den Zugang zu Vergabeverfahren eröffne.
Robert Thiele, MBA, BMDS, Berlin