Ausschluss vom Vergabeverfahren aufgrund von Kartellrechtsverstößen und die vergaberechtliche Selbstreinigung

Titeldaten
  • Horn, Stefan ; Götz, Michael
  • EuZW - Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
  • Heft 1/2018
    S.13-21
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Aufsatz

§ 124 Abs. 1 Nr. 4 GWB, § 125 GWB, Art. 57 Abs. 6 UAbs. 2 RL 2014/24/EU, WRegG

Vergabekammer Südbayern, Beschluss vom 07.03.2017 – Z3-3-3194-1-45-11/16

Abstract
Die Autoren zeigen den Anwendungsbereich des fakultativen Ausschlussgrundes nach § 124 Abs. 1 Nr. 4 GWB und die Voraussetzungen der vergaberechtlichen Selbstreinigungsmaßnahmen gemäß § 125 GWB bei Verstößen gegen das Kartellrecht auf. Dabei weisen sie auch auf das Wettbewerbsregistergesetz und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für den öffentlichen Auftraggeber und den Kartellanten bei der Vergabe künftiger Aufträge hin. Bei der Darstellung des Anwendungsbereichs von § 124 Abs. 1 Nr. 4 GWB setzen sich die Autoren mit Problemfeldern innerhalb des sachlichen und personellen Anwendungsbereichs des Ausschlusstatbestandes sowie des Ausschlusstatbestands der notwendigen Ermessensausübung des öffentlichen Auftraggebers bei der Frage des „Ob“ des Ausschlusses auseinander. Daran anschließend werden umfassend die Voraussetzungen der Selbstreinigung nach § 125 Abs. 1 Satz 1 GWB aufgezeigt. Dabei sprechen sich die Autoren im Rahmen des Tatbestandsmerkmals „Ausgleichs des Schadens“ für eine einschränkende Auslegung aus. Das Anerkenntnis einer Kartellschadensersatzforderung soll für die von § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GWB vorgesehene Schadensausgleichsverpflichtung nicht notwendig sein und es soll auch keine Pflicht zum Verzicht auf Einwendungen und Einreden gegen den Schadensersatzanspruch bestehen. Innerhalb der Ausführungen zum Tatbestandsmerkmal „umfassende Aufklärung von Tatsachen und Umständen“ (§ 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GWB) greifen die Autoren den Vorlagebeschluss der Vergabekammer Südbayern (Beschluss vom 07.03.2017 – Z3-3-3194-1-45-11/16; NZBau 2017, 509 ff.) an den EuGH auf. Im Ergebnis schließen sie sich der Ansicht der Vergabekammer Südbayern an, dass § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GWB nicht mit dem Wortlaut des Art. 57 Abs. 6 UAbs. 2 der Richtlinie 2014/24/EU vereinbar ist, da der deutsche Gesetzgeber in § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GWB auch den öffentlichen Auftraggeber als „Ermittlungsbehörde" im Sinne des Art. 57 Abs. 6 UAbs. 2 der Richtlinie 2014/24/EU qualifiziert. Im Anschluss wird das dritte Tatbestandsmerkmal („Ergreifen konkreter Maßnahmen“, § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GWB) praxisorientiert dargestellt. Abschließend beschäftigen sich die Autoren mit der zeitlichen Dauer eines Ausschlusses von Vergabeverfahren bei Kartellrechtsverstößen (§ 126 Abs. 2 GWB).
Annett Hartwecker, PricewaterhouseCoopers Legal AG Rechtsanwaltsgesellschaft, Berlin