OLG Düsseldorf: Informieren und Warten auch außerhalb des GWB- Pflicht oder Kür auf dem Weg zu einem effektiven Primärrechtsschutz?

Titeldaten
  • Jansen, Martin ; Geitel, Oskar
  • VergabeR - Vergaberecht
  • Heft 4/2018
    S.376-387
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Aufsatz

Abstract
Das OLG Düsseldorf hat in seiner Entscheidung, Beschluss vom 13.12.2017, 27 U 25/17, ausgeführt, dass für öffentliche Auftraggeber auch außerhalb des GWB-Kartellvergaberechts eine Informations- und Wartepflicht gegenüber den nicht berücksichtigten Bietern vor Zuschlagserteilung bestehe und ein gleichwohl geschlossener Vertrag wegen Verstoßes gegen ein ungeschriebenes Verbotsgesetz gem. § 134 BGB nichtig sein könne. Die Verfasser beleuchten die Entscheidungsbegründung und untersuchen, ob sie neue Erkenntnisse für die Frage eines bundeseinheitlichen Primärrechtsschutzes außerhalb des GWB-Kartellvergaberechtes bringt. Sie arbeiten dabei heraus, dass die vom OLG Düsseldorf herangezogenen Entscheidungen des BVerwG, Urteil vom 04.11.2010, 2 C 16/09, des EuG, Urteil vom 20.09.2011, T-461/08, und des OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30.11.2010, OVG 1 S 107.10, lediglich eine Informations- und Wartepflicht für binnenmarktrelevante Auftragsvergaben mittragen können, jedoch keinen Ansatzpunkt für eine zwingende Nichtigkeitsfolge bei Verstoß gegen diese Pflichten aufgrund eines ungeschriebene Verbotsgesetz hergeben. Die Entscheidung überzeuge daher nicht. Vielmehr sei der Normgeber nun aufgefordert einen effektiven Primärrechtsschutz im Unterschwellenbereich zu schaffen. Erfahrungswerte von Bundesländern, die einen solchen Rechtsschutz eingeführt haben, zeigten, dass dieser zu bewältigen sei. In ihrem abschließenden Fazit zeigen die Verfasser auf, dass in der Folge dieser Entscheidung zunächst davon auszugehen sei, dass Bieter nun vermehrt versuchen würden, sich im Bereich außerhalb des GWB im Rahmen einstweiliger Verfügungsverfahren unter Berufung auf diese Entscheidung Gehör zu verschaffen. Die damit einhergehenden zeitlichen und finanziellen Nachteile für öffentliche Auftraggeber und deren Beschaffungsvorhaben seien dabei weit weniger überschaubar als diejenigen, welche im Rahmen eines gesetzlich kodifizierten Nachprüfungsverfahrens vor einer Vergabekammer anfallen können.
Robert Thiele, MBA, TK / BMI, Berlin