„Zuwendungsmodell“ – Ausnahme von der Ausschreibung nach GWB?*

Titeldaten
  • Grams, Hartmut
  • VergabeR - Vergaberecht
  • Heft 4/2019
    S.473-479
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Aufsatz

Abstract
In seinem Beitrag analysiert der Autor kritisch den Beschluss des OLG Düsseldorf vom 11.07.2018 (VII-Verg-1/18). Die Entscheidung setzt sich mit der Frage auseinander, ob (Mit)-Finanzierungen durch öffentliche Zuwendungen europaweite Ausschreibungen entbehrlich machen können. Bei Zuwendungen handelt es sich um freiwillige Leistungen der öffentlichen Hand an Stellen außerhalb der öffentlichen Verwaltung für bestimmte Zwecke, an deren Erfüllung die öffentliche Hand ein erhebliches Interesse hat. Das OLG Düsseldorf ging davon aus, dass soziale Betreuungsleistungen für Flüchtlinge nicht nach GWB-Vergaberecht ausgeschrieben werden müssten, wenn sich der öffentliche Auftraggeber des Mittels der Zuwendung bediene. Im Falle der Zuwendung fehle nämlich die für einen öffentlichen Auftrag notwendige Verpflichtung des Auftragnehmers zu einer Primärleistung. Der Verfasser hingegen sieht durch die Gewährung von finanziellen Hilfen die faktische Deckung eines sich aus den §§ 44, 53 AsylG ergebenden Bedarfs des öffentlichen Auftraggebers. Das sei mit der Definition der Zuwendung als freiwillige Geldleistung nicht vereinbar. Projekte, die im Ergebnis einem funktionalen Leistungsaustausch nahekämen und auf deren Tätigkeiten der öffentliche Auftraggeber angewiesen sei, hätten unabhängig von ihrer Bezeichnung regelmäßig Beschaffungscharakter. Die sich aus dem GWB ergebende Ausschreibungspflicht dürfe nicht durch haushaltsrechtliche Landesgesetze mithilfe einer Zuwendung umgangen werden. Nach Ansicht des Autors kann das „Zuwendungsmodell“ entgegen dem OLG Düsseldorf keine Alternative zur öffentlichen Auftragsvergabe darstellen.
Filip Lewandowski, Richter (Verwaltungsgericht), Frankfurt (Oder)