Primärrechtsschutz durch zwingende Schiedsgerichtsbarkeit im Ausschreibungsverfahren ach § 23 VerpackG – Gut gemeint, aber verfassungswidrig

Titeldaten
  • Hase, Karl von ; Groß, Franz-Rudolf ; Pape, Ulf-Dieter
  • SchiedsVZ - Zeitschrift für Schiedsverfahren
  • Heft 6/2019
    S.324-331
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Aufsatz

Abstract
In ihrem Beitrag besprechen die Autoren die seit dem 01.01.2019 im Verpackungsgesetz verankerten Regelungen zur Sammlung von Verpackungsabfällen. Nach dem Verpackungsgesetz werden privatrechtlich organisierte Unternehmen, sog. „Systeme”, mit der flächendeckenden Sammlung von Verpackungsabfällen bei privaten Endverbrauchern staatlich betraut. Hersteller, die gewerbsmäßig Verpackungen in Verkehr bringen, sind verpflichtet, sich an einem solchen System zu beteiligen. Mehrere Systeme beauftragen gemeinsam ein einziges Entsorgungsunternehmen pro Vertragsgebiet. Das Verpackungsgesetz regelt nun erstmals eine gesetzliche Verpflichtung der Systeme, ein transparentes und diskriminierungsfreies Verfahren zur Beauftragung eines Entsorgungsunternehmens durchzuführen. Das öffentliche Vergaberecht finde auf die Ausschreibung von Sammelleistungen keine Anwendung, da es sich bei den verpackungsrechtlichen Systembetreibern nicht um öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 99 GWB handele. Bei der Regelung der Ausschreibung von Sammelleistungen habe sich der Gesetzgeber an den Regelungen des GWB orientiert. Anders als im öffentlichen Vergaberecht werde jedoch das preislich günstigste Angebot bezuschlagt. Ein im Ausschreibungsverfahren unterlegenes Unternehmen könne im Hinblick auf mögliche Verstöße im Ausschreibungsverfahren unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs nur ein Schiedsgericht anrufen. Der Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs sei verfassungswidrig, da dieser einen Verstoß gegen den staatlichen Justizgewährungsanspruch darstelle. Im Übrigen begrüßen die Autoren die Entscheidung des Gesetzgebers, Verfahren zur Ausschreibung von Sammelleistungen im Verpackungsgesetz zu normieren. Auf diese Weise werde eine größere Rechtssicherheit erreicht.
Filip Lewandowski, Richter (Verwaltungsgericht), Frankfurt (Oder)