Geltung des Vergabeprimärrechts auch für Rettungsdienstvergaben!

Titeldaten
  • Bühs, Jacob
  • NZBau - Neue Zeitschrift für Bau- und Vergaberecht
  • Heft 3/2021
    S.312-315
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Aufsatz

Abstract
In seinem Beitrag bespricht der Autor den Beschluss des EuGH vom 6. Februar 2020 (C-11/19) zur Vergabe von Rettungsdienstleistungen. In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall hatte ein italienischer öffentlicher Auftraggeber insbesondere medzinischen Krankentransport öffentlich ausgeschrieben. Das Italienische Rote Kreuz hatte diese Ausschreibung mit der Begründung angegriffen, nationale Vorschriften sähen die Verpflichtung zur Direktvergabe des Auftrags an das Italienische Rote Kreuz vor. Nach Auffassung des EuGH stehen europäische Vorschriften zur Bereichsausnahme für Rettungsdienstleistungen sowie zur Direktvergabe den betreffenden italienischen Vorschriften nicht entgegen. Gleichzeit seien jedoch bei Vorliegen von Binnenmarktrelevanz die primärrechtlichen Grundsätze der Gleichbehandlung, Nichtdiskriminierung, gegenseitigen Anerkennung, Verhältnismäßigkeit und Transparenz auch im Falle der Bereichsausnahme zu wahren. Ferner stellte der EuGH fest, dass öffentliche Auftraggeber Rettungsdienstleistungen auch nach § 130 GWB vergeben könnten, wenn die Voraussetzungen der Bereichsausnahme gegeben sind. Nach Auffassung des Autors wird es trotz der Eindeutigkeit der Entscheidung weiterhin im Einzelfall Streit darüber gegeben, ob die Voraussetzungen der Binnenmarktrelevanz und somit die Notwendigkeit der Beachtung von Primärvergaberecht gegeben seien. Unsicher sei derzeit auch noch, ob sich öffentliche Auftraggeber dazu entschließen werden, freiwillig ein Verfahren nach § 130 GWB durchzuführen. Keine Aussage enthalte die Entscheidung zu der Frage, welche Bedeutung die vergaberechtlichen Regelungen der einzelnen Landesrettungsdienstgesetze für die Anwendbarkeit der Bereichsausnahme für Rettungsdienstleistungen habe.
Filip Lewandowski, Richter (Verwaltungsgericht), Frankfurt (Oder)