Zuwendungen und Vergaberecht - Zwischen Rückforderungsrichtlinien und Ermessensausübung -

Titeldaten
  • Portz, Norbert
  • ZfBR - Zeitschrift für deutsches und internationales Bau- und Vergaberecht
  • Heft 5/2021
    S.514-522
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Aufsatz

Abstract
Der Autor befasst sich mit dem Thema des Vergaberechts bei Zuwendungen. In einem ersten Teil geht er auf das Problem ein, dass die Coronakrise den Abbau öffentlicher Investitionsstaus schwerer mache. Es bestünde großer Nachholbedarf bei Investitionen in die öffentliche Infrastruktur. Ohne staatliche Zuwendungen würden Investitionen oft nicht getätigt. Bei Zuwendungen gelte das Wirtschaftlichkeits- und Sparsamkeitsgebot. In diesem Zuge geht der Autor auf die Unterschiede und Schnittstellen zwischen dem Vergabe- und Zuwendungsrecht ein und erläutert dann Inhalt und Rechtsnatur der Allgemeinen Nebenbestimmungen (ANBest), die die Vergabeverpflichtung der Zuwendungsempfänger begründen. Regelfall sei die öffentlich-rechtliche Auflage, jedoch seien Zuwendungen auch in zivilrechtlicher Form möglich, wobei für beide Formen die gleichen Rechtsfolgen gelten würden. Weiter geht der Autor auf die Erforderlichkeit der Bestimmtheit von Zuwendungsbescheiden ein, auf den primären sowie sekundären Rechtsschutz im Vergaberecht, aber auch bei der Rückforderung von Zuwendungen. Des Weiteren beschäftigt sich der Beitrag mit dem Regelwiderruf der Zuwendung bei „schweren Vergabeverstößen“, geht in diesem Zuge konkret auf die Rückforderungsrichtlinie in Bayern ein und bewertet diese unterschiedlichen Rückforderungsgründe sowohl vergaberechtlich als auch zuwendungsrechtlich. Im Ergebnis stellt der Autor fest, dass die Unterscheidung der Vergabeverstöße nach der „Schwere“ problematisch sei. Insbesondere hebt er die Rechtsprechung hervor, die bei der Ermessensausübung herausstelle, dass das Ermessen bei Rückforderungsentscheidung stets im Einzelfall auszuüben sei und ein Vergabeverstoß nicht automatisch zum Widerruf der Zuwendung führe. Mit seiner Ansicht schließt sich der Autor der Rechtsprechung an und hebt hervor, dass Zuwendungszweck die wirtschaftliche und sparsame Mittelverwendung sei, sodass bei der Rückforderung der Zuwendung der Zuwendungszweck entscheidend sei. Daher könne ein Widerruf ermessensfehlerhaft sein, wenn der Zweck der Zuwendung, die wirtschaftliche und sparsame Mittelverwendung, trotz Vergabeverstoßes erreicht werde. So habe das OVG Schleswig jüngst entschieden, dass grundsätzlich kein Widerruf bei nur formalen Fehlern gerechtfertigt sei und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt werden müsse, denn bei formalen Fehlern, speziell bei Dokumentationsmängeln, seien Auswirkungen auf den Haushalt nicht annähernd erkennbar. Abschließend zieht der Autor sein Fazit, dass unter Berücksichtigung oben genannter Grundsätze Zuwendungsregeln mit den vergaberechtlichen Vorgaben nicht kompatibel seien, was auch für die Rückforderungsrichtlinien in Bayern gelte. Denn Vergabeverstöße, die Unternehmen in ihren Rechten auf Einhaltung der Vergabebestimmungen verletzen, können dennoch wegen der Einhaltung des Wirtschaftlichkeits- und Sparsamkeitsgrundsatzes das Zuwendungsziel erreichen.
Michael Pilarski, Rechtsanwalt Pilarski, Nienburg(Weser)