Geschlossene EU-Lieferkette kein zulässiges Zuschlagskriterium bei Vergabe von Arzneimittelrabattverträgen

Titeldaten
  • Amelung, Steffen
  • NZBau - Neue Zeitschrift für Bau- und Vergaberecht
  • Heft 12/2023
    S.768-771
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Aufsatz

Abstract
Der Verfasser setzt sich mit dem jüngst ergangenen Urteil des OLG Düsseldorf zur Unzulässigkeit des Zuschlagskriteriums „geschlossene EU-Lieferkette" bei der Vergabe von Arzneimittelrabattverträgen auseinander. Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens war das Vorgehen gesetzlicher Krankenkassen als Zuschlagskriterium (in Gestalt eines Wirtschaftlichkeitsbonus) eine sog. geschlossene EU-Lieferkette, d.h. eine ausschließliche Herstellung der Arzneimittel auf dem Gebiet der EU, eines GPA-Unterzeichnerstaats oder eines Freihandelspartners der EU, vorzusehen, um auf wiederkehrende Lieferengpässe bei der Bereitstellung von Arzneimitteln im Rahmen Arzneimittelrabattverträgen zu reagieren. Das Gericht sah in dem Zuschlagskriterium einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 97 Abs. 2 GWB) und das Gebot der Verwendung objektiver Zuschlagskriterien (§ 127 Abs. 4 Satz 1 GWB). Das Kriterium führt zu einer Ungleichbehandlung auf Basis des Herkunftsstaates/Produktionsortes, welche weder über das GWB noch europarechtlich zu rechtfertigen ist. Ferner sei das Kriterium ungeeignet, europäische Umwelt- und Sozialstandards sowie die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, da es die unterschiedlichsten Staaten privilegiert. Zudem könne mit einer versorgungsortsnahen Lagerung eine mildere Maßnahme gewählt werden. Der Verfasser folgert aus der Entscheidung, dass den Auftraggebern damit in der Praxis enge Grenzen für den Gebrauch von standortbezogenen Zuschlagskriterien gesetzt sind, die jeweils hinreichender Begründung bedürfen. Abschließend diskutiert er die Frage, ob aktuelle gesetzgeberische Initiativen (z.B. die Einführung einer lokalisierungsbezogenen Losbildung gemäß § 130a Abs. 8a SGB V n.F.) das Problem der Lieferengpässe adäquat adressieren und künftigen Überprüfungen mit höherrangigem Vergaberecht standhalten können.
Katharina Weiner,