Titeldaten
- Garsse, Steven Van; Verhoeven, Simon; Wouters, Ellen
- EPPPL - European Public Private Partnership Law
-
Heft 1/2025
S.112-120
Zusätzliche Informationen:
Aufsatz
Abstract
Die Verfasser befassen sich in ihrem Beitrag sich mit der sogenannten „Waiting Room“-Technik in
europaweiten Vergabeverfahren, insbesondere bei Verhandlungsverfahren. Diese Methodik ist nicht
ausdrücklich normiert, wird jedoch in mehreren Mitgliedstaaten, vor allem in den Niederlanden,
angewandt. Dabei wird nach der ersten Angebotswertung mit dem bestplatzierten Bieter verhandelt,
während die weiteren Bieter – insbesondere der Zweitplatzierte – in einen „Warteraum“ versetzt werden.
In den Niederlanden wird dies durch den Abschluss eines sogenannten „Waiting Room Agreement“
vereinbart. Dabei ist geregelt, dass der öffentliche Auftraggeber, im Falle eines vorzeitigen Scheiterns des
ursprünglichen Vertrages unmittelbar auf den Zweitplatzierten zurückzugreifen kann. Ein Anspruch auf
Vertragsschluss besteht jedoch nicht. Die Vergabestelle kann sich auch für eine Neuausschreibung
entscheiden kann. Besonders verbreitet ist diese Praxis im Rahmen von Zwei-Phasen-Beauftragungen, in
denen zunächst ein Entwurfsprozess durchgeführt und anschließend über die Umsetzung entschieden
wird. Die Verfasser untersuchen, ob der Rückgriff auf den zweitplatzierten Bieter im Einklang mit den
unionsrechtlichen Vorgaben steht, insbesondere zu wesentlichen Vertragsänderungen. Die
niederländische Rechtsprechung hat im Fall „Police Pistols“ mit Bezugnahme auf die
Pressetextrechtsprechung des EuGH entschieden dass der Austausch des Auftragnehmers durch den
Zweitplatzierten eine unzulässige wesentliche Änderung darstellt. Die Verfasser betonen, dass eine
zulässige Anwendung der Methodik nur bei klarer, transparenter und in den Vergabeunterlagen
enthaltenen Regelungen möglich ist. Dabei solle sichergestellt werden, dass der zweitplatzierte Bieter zu
den ursprünglichen Konditionen leisten kann – was bei geänderten Marktverhältnissen oder
Projektfortschritten eher zweifelhaft ist. Darüber hinaus haben sie Zweifel an der Vereinbarkeit mit den
Grundsätzen der Gleichbehandlung, Transparenz und Verhältnismäßigkeit. Im Ergebnis regen sie eine
europarechtliche Legitimierung durch die aktuelle Richtlinienreform an, sofern die „Waiting Room“-
Technik unionsweit angewendet werden soll.
europaweiten Vergabeverfahren, insbesondere bei Verhandlungsverfahren. Diese Methodik ist nicht
ausdrücklich normiert, wird jedoch in mehreren Mitgliedstaaten, vor allem in den Niederlanden,
angewandt. Dabei wird nach der ersten Angebotswertung mit dem bestplatzierten Bieter verhandelt,
während die weiteren Bieter – insbesondere der Zweitplatzierte – in einen „Warteraum“ versetzt werden.
In den Niederlanden wird dies durch den Abschluss eines sogenannten „Waiting Room Agreement“
vereinbart. Dabei ist geregelt, dass der öffentliche Auftraggeber, im Falle eines vorzeitigen Scheiterns des
ursprünglichen Vertrages unmittelbar auf den Zweitplatzierten zurückzugreifen kann. Ein Anspruch auf
Vertragsschluss besteht jedoch nicht. Die Vergabestelle kann sich auch für eine Neuausschreibung
entscheiden kann. Besonders verbreitet ist diese Praxis im Rahmen von Zwei-Phasen-Beauftragungen, in
denen zunächst ein Entwurfsprozess durchgeführt und anschließend über die Umsetzung entschieden
wird. Die Verfasser untersuchen, ob der Rückgriff auf den zweitplatzierten Bieter im Einklang mit den
unionsrechtlichen Vorgaben steht, insbesondere zu wesentlichen Vertragsänderungen. Die
niederländische Rechtsprechung hat im Fall „Police Pistols“ mit Bezugnahme auf die
Pressetextrechtsprechung des EuGH entschieden dass der Austausch des Auftragnehmers durch den
Zweitplatzierten eine unzulässige wesentliche Änderung darstellt. Die Verfasser betonen, dass eine
zulässige Anwendung der Methodik nur bei klarer, transparenter und in den Vergabeunterlagen
enthaltenen Regelungen möglich ist. Dabei solle sichergestellt werden, dass der zweitplatzierte Bieter zu
den ursprünglichen Konditionen leisten kann – was bei geänderten Marktverhältnissen oder
Projektfortschritten eher zweifelhaft ist. Darüber hinaus haben sie Zweifel an der Vereinbarkeit mit den
Grundsätzen der Gleichbehandlung, Transparenz und Verhältnismäßigkeit. Im Ergebnis regen sie eine
europarechtliche Legitimierung durch die aktuelle Richtlinienreform an, sofern die „Waiting Room“-
Technik unionsweit angewendet werden soll.
Robert Thiele, MBA, TK / BMI, Berlin