Access to the EU Procurement Market for Bidders from Third Countries:

A Lesson on the Meaning of Exclusive EU Competence
Titeldaten
  • Weiß, Wolfgang ; Raitner, Sara-Alexandra
  • EPPPL - European Public Private Partnership Law
  • Heft 2/2025
    S.170-182
Zusätzliche Informationen:
Aufsatz

Abstract
Rundum gelungene Rahmenverträge
Wenn umfassende Passgenauigkeit erzielt werden soll.
Vor dem Hintergrund der EuGH-Urteile bezüglich des Zugangs von Wirtschaftsteilnehmern aus Drittländern zum europäischen Beschaffungsmarkt (Rs. C-652/22 „Kolin“ und Rs. C-266/22 „Qingdao“), beleuchten die Autoren unter Berücksichtigung der Rechtsprechung sowie der einschlägigen Verordnungen in ihrem Beitrag die aktuelle Rechtslage und zeigen Unklarheiten auf. Dafür arbeiten die Verfasser zunächst heraus, dass die Vergaberichtlinien nur Bietern aus Drittstaaten, die mit der EU ein Abkommen wie beispielsweise das GPA geschlossen haben, Gleichbehandlung zusichert. Bezüglich Bietern aus anderen Staaten liefern lediglich Art. 85 und 86 der RL 2014/25/EU Anhaltspunkte. Aus den dort normierten Berichtspflichten und der gestatteten Diskriminierung von Produkten aus Drittländern ließen sich jedoch keine gesicherten Rechtspositionen für Wirtschaftsteilnehmer aus den betroffenen Staaten ableiten. Für Klarheit würden die IPI-Verordnung und die Foreign Subsidies Regulation (FSR) sorgen, die die Verfasser sodann ausführlich beleuchten. Beide setzen voraus, dass auch Unternehmen aus nicht vertraglich gebundenen Drittstaaten grundsätzlich Zugang zum EU-Beschaffungsmarkt haben, da ansonsten ihre Mechanismen leer liefen. Das IPI schaffe demnach die Möglichkeit, Marktöffnung gegenüber Staaten ohne Gegenseitigkeit einzuschränken oder mit Auflagen zu versehen. Die Verfasser heben allerdings hervor, dass die IPI-Verordnung keinen effektiven Rechtsschutz für Wirtschaftsteilnehmer aus Drittländern statuiert. Ergänzend wird in dem Beitrag darauf hingewiesen, dass dies auch keinen Widerspruch zur Kolin-Rechtsprechung darstelle, da der Sachverhalt nicht in den zeitlichen Anwendungsbereich der Verordnung fiel. Die FSR wiederum diene dazu, Wettbewerbsverzerrungen durch staatlich subventionierte Drittstaaten-Bieter zu verhindern und Chancengleichheit herzustellen. Damit habe die EU faktisch ein geschlossenes System geschaffen: Sie öffnet den Markt grundsätzlich, behält sich aber die Kompetenz vor, Beschränkungen oder Schutzmaßnahmen zentral zu erlassen. Entgegen der Linie des EuGH in der „Kolin“-Entscheidung vertreten die Verfasser jedoch die Auffassung, dass mit Inkrafttreten der IPI-Verordnung der EU-Beschaffungsmarkt auch für Wirtschaftsteilnehmer aus Drittländern geöffnet wurde, sodass Auftraggeber keine Einzelfallentscheidungen über die Zulassung jener Bieter zum Verfahren treffen dürften. In ihrem Fazit kommen die Autoren zu dem Schluss, dass das „Kolin“-Urteil die zentrale Frage des Zugangs von Bietern aus Drittstaaten zum EU-Beschaffungsmarkt nicht abschließend geklärt hatte, die IPI-Verordnung sowie die FSR jedoch Klarheit geschaffen haben. Der Marktzugang für Drittstaaten-Bieter ist demnach im Grundsatz eröffnet, aber nicht schrankenlos: Er stehe unter dem Vorbehalt unionsrechtlicher Schutzmaßnahmen.
Aline Fritz, FPS Fritze Wicke Seelig Partnerschaftsgesellschaft von Rechtsanwälten, Berlin