Erneuerbare ans Netz – nur wie? Zur rechtmäßigen Ausgestaltung von Reservierungsverfahren im EEG

Autor
Eisenreich, Ingo
Czudaj, Robin
Heft
12
Jahr
2023
Seite(n)
440443
Titeldaten
  • Eisenreich, Ingo ; Czudaj, Robin
  • EnWZ - Die Zeitschrift für das gesamte Recht der Energiewirtschaft
  • Heft 12/2023
    S.440443
Zusätzliche Informationen:
Aufsatz

Julius Reinhold, kbk Rechtsanwälte, Hannover
Abstract
Der Aufsatz gibt einen Überblick über die Ausgestaltung von Reservierungsverfahren für Netzanschlusskapazitäten bei Erneuerbaren-Energien-Anlagen. Die Autoren begrüßen zunächst, dass der BGH jüngst die grundsätzliche Zulässigkeit solcher Reservierungsverfahren bestätigt hat, was zwar nicht aus dem Wortlaut des EEG, insb. § 8 EEG folge, jedenfalls aber aus Systematik und Telos der Norm. Anschließend werden in chronologischer Reihenfolge die Rechtsprobleme nachgezeichnet, die im Reservierungsverfahren durch den Netzbetreiber regelmäßig zu berücksichtigen seien. Im Zeitpunkt der Erstreservierung sollten Netzkapazitäten nur für solche Vorhaben reserviert werden, die Aussicht auf Fertigstellung haben, so die Autoren. Dass in diesem Rahmen Unsicherheiten entstünden, sei einer Prognoseentscheidung inhärent und damit hinzunehmen. Weiter setzt sich der Aufsatz mit der teils vertretenen Meinung auseinander, statt der Prognose eine vollständige behördliche Vorabprüfung des Vorhabens für die Reservierung zu fordern und bescheinigt dieser Variante einen noch größeren Projektaufwand auszulösen, was deren Ungeeignetheit nahelege. Für den weiteren Verfahrensablauf empfehlen die Autoren ein Dreistufenmodell, bei welchem sich die Befristung und Verlängerung der Reservierung an der jeweiligen Stufe der Projektentwicklung orientiert, wodurch nicht zuletzt eine fortdauernde Plausibilitätskontrolle den Netzbetreibern erleichtert würde, was ein begrüßenswerter (Neben-)Effekt sei.
Rezensent
Rezension abgeschlossen
ja

Kommission beschließt neue Auslegungsleitlinien zur VO 1370

Autor
Mietzsch, Oliver
Normen
VO (EG) Nr. 1370/2007
PBefG
Gerichtsentscheidung
BGH Urt. v. 8.2.2011 – X ZB 4/10
EuGH  v. 27.10.2016 - C
292/15
EuGH  v. 27.10.2016 - C
292/15
EuGH  v. 27.10.2016 - C 292/15
Heft
12
Jahr
2023
Seite(n)
284-287
Titeldaten
  • Mietzsch, Oliver
  • IR - InfrastrukturRecht
  • Heft 12/2023
    S.284-287
Zusätzliche Informationen:
Aufsatz

VO (EG) Nr. 1370/2007, PBefG

BGH Urt. v. 8.2.2011 – X ZB 4/10, EuGH  v. 27.10.2016 - C
292/15
EuGH  v. 27.10.2016 - C
292/15
EuGH  v. 27.10.2016 - C 292/15

Elias Könsgen, kbk Rechtsanwälte, Hannover
Abstract
Der Autor stellt die am 26.06.2023 veröffentlichten Auslegungsleitlinien zur VO (EG) Nr. 1370/2007 vor (C 222/1, 26.06.2023). Zunächst wird ein Überblick über den Entstehungskontext und den Inhalt gegeben. Sodann geht der Autor tiefer auf einzelne Aspekte ein. In den Auslegungsleitlinien wird der Begriff der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung etwa explizit auf die erste bzw. letzte Meile einer Reise erweitert. Ausführlich befassen sich die Auslegungsleitlinien – so der Autor – mit dem durch die ÄnderungsVO 2016 neu aufgenommenen Art. 2a VO 1370/2007, der den zuständigen Behörden auferlegt, die Spezifikationen der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen gem. Art. 2 e) VO 1370/2007 festzulegen. Auch das vierte sog. Eisenbahnpaket wird breit thematisiert. Der Autor führt zudem einige Änderungen für die Prüfung des diskriminierungsfreien Zugangs zum Rollmaterial (Art. 5a ÄnderungsVO 2016) auf. Besonderes Augenmerk legt der Autor sodann auf das Thema der Unterauftragsvergaben. Hier wird kritisiert, dass die Kommission in ihren Ausführungen zwei Fallgruppen verwechsele. Auch über die sonstigen Regelungen gibt der Autor einen Überblick.
Rezensent
Rezension abgeschlossen
ja

Unionsrechtliche und verfassungsrechtliche Grenzen für ein Bundestariftreuegesetz

Autor
Hartmann, Felix
Heft
3
Jahr
2023
Seite(n)
510-560
Titeldaten
  • Hartmann, Felix
  • Heft 3/2023
    S.510-560
Zusätzliche Informationen:
Aufsatz

Elisa Steinhöfel, BLOMSTEIN, Berlin
Abstract
Der Autor untersucht im Hinblick auf das Vorhaben der aktuellen Bundesregierung, ein Bundestariftreuegesetz zu schaffen, unions- und verfassungsrechtliche Fragen im Zusammenhang mit Tariftreueanforderungen. Der Beitrag beleuchtet zunächst kurz verschiedene Erscheinungsformen der Tariftreue (v.a. deklaratorische und konstitutive bzw. vergabespezifische Anforderungen). Weiter werden gesetzgeberische Ausgestaltungsmöglichkeiten unter Verweis auf die Landesgesetzgebung vorgestellt. Der Verfasser diskutiert dann unionsrechtliche Vorgaben für Tariftreueanforderungen. Er nimmt insbesondere die Rüffert- und neuere Rechtsprechung wie die RegioPost-Entscheidung sowie Auswirkungen der reformierten Entsenderichtlinie und der Mindestlohnrichtlinie in den Blick. Der Autor kommt zu dem Schluss, dass eine konstitutive Tariftreueanforderung nicht mit der Entsenderichtlinie vereinbar sei und gegen die Dienstleistungsfreiheit gem. Art. 56 AEUV verstieße. Als maßgebliche verfassungsrechtliche Grenzen im nationalen Recht hebt der Autor anschließend die Grundrechte der Arbeitsvertragsfreiheit und der (positiven und negativen) Koalitionsfreiheit sowie das Demokratieprinzip hervor. Er resümiert, dass konstitutive Tariftreueregelungen die Arbeitsvertragsfreiheit von Bietern und deren Beschäftigten verletzten, da der Grundrechtseingriff nicht zu rechtfertigen sei. Die positive und – sofern man einen Schutz vor der Geltung nicht mitgliedschaftlich legitimierter Tarifverträge annimmt – auch negative Koalitionsfreiheit sieht der Autor ebenfalls als verletzt an. Ferner sieht er konstitutive Tariftreueregelungen in ihrer bisherigen Form als dynamische Gesetzesverweisung auf Tarifverträge als unvereinbar mit dem Demokratieprinzip an. Zuletzt zeigt der Verfasser einige Möglichkeiten für den Gesetzgeber auf, den rechtlichen Bedenken entgegenzutreten.
Rezensent
Rezension abgeschlossen
ja

Auswirkungen der EU-VO über den Binnenmarkt verzerrende drittstaatliche Subventionen bei normalen Geschäftskontakten

Autor
Leinemann, Eva-Dorothee
Spleet, Franziska
Zeitschrift
Heft
12
Jahr
2023
Seite(n)
206-210
Titeldaten
  • Leinemann, Eva-Dorothee; Spleet, Franziska
  • Vergabe News
  • Heft 12/2023
    S.206-210
Zusätzliche Informationen:
Aufsatz

Charlotte Thönißen, FPS Fritze Wicke Seelig Partnerschaftsgesellschaft von Rechtsanwälten mbB, Frankfurt am Main
Abstract
Die Autorinnen beschäftigen sich in ihrem Beitrag mit den Erklärungs- und Meldepflichten insbesondere bei bloßen Handelsbeziehungen, die zu Drittstaaten unterhalten werden, und den bestehenden Rechtsschutzmöglichkeiten der EU-VO über den Binnenmarkt verzerrende drittstaatliche Subventionen bei normalen Geschäftskontakten (VO (EU) 2022/2560, nachfolgend: VO). Das Ziel der VO sei, gleiche Wettbewerbsbedingungen (level playing field) im Binnenmarkt sicherzustellen. Die VO sei grundsätzlich zu begrüßen. Die Verfasserinnen gehen davon aus, dass bei Bewährung der Regelungen der VO diese auch auf andere Vergaben ausgedehnt werden, da das dadurch zu regelnde Problem, dass Drittstaaten versuchen, auf dem europäischen Markt Fuß zu fassen, auch bei kleinvolumigeren Vergaben bestehe. Daran anschließend wird die Wirkungsweise der VO, insbesondere, wann eine Verzerrung des Wettbewerbs vorliegt, dargestellt. Im Weiteren wird das Verfahren durch die Kommission erläutert und wie dieses enden kann – Verpflichtungsbeschluss oder Durchführungsrechtsakt in Form eines Beschlusses (Untersagung der Vergabe oder keine Einwände). Mit dem ersten Schwerpunkt des Beitrages widmen sich die Autorinnen der Frage, ob eine Offenlegung von Handelsbeziehungen zu Drittstaaten im Rahmen von Vergabeverfahren erfolgen muss, so wie der Aufsatz in NZBau 2023, 427 fordert. Dies wird verneint, denn es sei nie Absicht der Kommission gewesen. Eine Meldepflicht bestehe nur, wenn das Unternehmen eine Subvention eines Drittstaates erhalten hat, die planmäßig auf dem Binnenmarkt verwendet werden soll(te) oder faktisch verwendet wird. Diese Ansicht wird sodann näher begründet. Die Verfasserinnen gehen davon aus, dass ein Bewerber oder Bieter, der Handelsbeziehungen zu Drittländern unterhält, nichts anzumelden hat. Es wird auf die Möglichkeit von einem Vorabkontakt zur Kommission eingegangen. Sodann wird als zweiter Schwerpunkt der Rechtsschutz dargestellt. Konkrete Rechtsschutzmöglichkeiten ließen sich der VO nicht entnehmen. Erhält ein Bieter den Zuschlag nicht, weil die Kommission dies verboten habe, so könne sich der betroffene Bieter dagegen nicht im Wege eines Nachprüfungsantrages wehren. Jedoch sei die Nichtigkeitsklage gem. Art. 263 AEUV die richtige Klageart. Das alles gelte auch für den Rechtsschutz des öffentlichen Auftraggebers. Mitbewerber müssten möglichen Rechtsschutz mit einem Nachprüfungsverfahren vor dem Hintergrund von § 124 Abs. 1 Nr. 9 c) GWB suchen. Im Fazit stellen die Autorinnen dar, dass es darum gehe, dass insbesondere durch die Teilnahme von Unternehmen aus Drittstaaten an Vergabeverfahren der Binnenmarkt nicht verzerrt wird.
Rezension abgeschlossen
ja

Referentenentwurf eines Gesetzes zur Regelung des Sicherheitsgewerbes (SiGG-E)

Autor
Fisch, Markus
Heft
6
Jahr
2023
Seite(n)
267-272
Titeldaten
  • Fisch, Markus
  • Heft 6/2023
    S.267-272
Zusätzliche Informationen:
Aufsatz

Charlotte Thönißen, FPS Fritze Wicke Seelig Partnerschaftsgesellschaft von Rechtsanwälten mbB, Frankfurt am Main
Abstract
In seinem Aufsatz befasst sich der Autor mit dem Referentenentwurf eines Gesetzes zur Regelung des Sicherheitsgewerbes (SiGG-E) und vergleicht die wesentlichen Neuerungen des geplanten Sicherheitsgewerbegesetzes mit der bisherigen Rechtslage, indem er die einzelnen Paragrafen des SiGG-E näher beleuchtet. Zunächst stellt er die Neuregelung der Kategorisierung der Bewachungstätigkeit in § 2 Abs. 3 SiGG-E der alten Regelung in § 34a Abs. 1a GewO gegenüber. Eine weitere wesentliche Neuerung wird in der Einführung der Erlaubnispflicht für Sicherheitsmitarbeiter nach § 5 Abs. 1 SiGG-E gesehen. Auch hier zeigt der Autor die bisherige Rechtslage auf, nach der die Zuverlässigkeitsprüfung zu einem Dreiecksverhältnis zwischen der prüfenden Behörde, Gewerbetreibendem und Wachpersonal-Bewerber führe. Diesem solle die Regelung des § 5 Abs. 1 SiGG-E begegnen, indem der Bewerber zum anzuhörenden Verfahrensbeteiligten wird. Dabei kritisiert der Verfasser, dass das Dreiecksverhältnis zwischen Behörde, Betreiber und Bewerber durch die Neuregelung nicht aufgelöst werde und darüber hinaus auch datenschutzrechtliche Probleme entstünden. Die Neuregelung sei daher insofern verfassungsrechtlich bedenklich. Im Weiteren wird die neue Erlaubnispflicht der sog. Inhouse-Bewachung nach § 5 Abs. 4 SiGG-E näher beleuchtet. Anschließend widmet er sich den neuen Anforderungen an die Zuverlässigkeit in § 6 SiGG-E, die die bisherige Rechtslage nach § 34 Abs. 1 Satz 4 Nr. 4 GewO in mehrfacher Hinsicht verschärfe. Des Weiteren führt der Autor an, dass mit der Neuregelung im Verfahren zur Überprüfung der Zulässigkeit nach § 7 Abs. 2 SiGG-E ein erheblicher Mehraufwand durch nicht notwendige Abfragen bei der Landesbehörde für Verfassungsschutz entstünde. Im Weiteren beleuchtet er auch die Neuregelung der fakultativen Zuverlässigkeitsüberprüfung nach § 9 SiGG-E näher, die ebenfalls mit erheblichem Mehraufwand für die Behörde verbunden sei. Anschließend widmet sich der Autor der Regelung des § 22 SiGG-E, der die Vergabe von Bewachungsdienstleistungen durch die öffentliche Hand regelt. Diesbezüglich wird bemängelt, dass die Vorschrift besser im Vergaberecht aufgehoben wäre und darüber hinaus auch Bedenken hinsichtlich des vergaberechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (§ 97 Abs. 1 Satz 2 GWB) bestünden. Neu sei schließlich auch die Einrichtung eines bundesweiten Internetportals für die unmittelbare Datenübermittlung durch Gewerbetreibende nach § 29 Abs. 1 SiGG-E. In seinem Fazit kommt der Autor zu dem Schluss, dass der Referentenentwurf seine Ziele, die Sicherheitsstandards im Bewachungsgewerbe anzuheben, das Verwaltungsverfahren zu beschleunigen und die Flexibilität am Arbeitsmarkt zu erhöhen verfehlt habe. Auch die vielen ungeklärten Rechtsfragen erfordern nach der Auffassung des Autors eine umfassende Überarbeitung des Entwurfes.
Rezension abgeschlossen
ja

Ausschreibung von Assistenzleistungen im Rahmen der Eingliederungshilfe

Untertitel
Zugleich eine Anmerkung zum Urteil des BSG vom 17.5.2023 – B 8 SO 12/22 R
Autor
Knispel, Ulrich
Heft
6
Jahr
2023
Seite(n)
223-227
Titeldaten
  • Knispel, Ulrich
  • Heft 6/2023
    S.223-227
Zusätzliche Informationen:
Aufsatz

Michael Pilarski, Rechtsanwalt Pilarski, Nienburg(Weser)
Abstract
Der Autor beschäftigt sich in seinem Beitrag mit der Ausschreibung von Assistenzleistungen im Bereich der Eingliederungshilfe, wobei er auf die jüngst ergangene Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu sprechen kommt, die die umstrittene Frage betrifft, ob das öffentliche Vergaberecht bei der Beschaffung sozialer Leistungen anwendbar ist. Eingangs schildert der Autor den der Entscheidung des Bundessozialgerichts zugrunde liegenden Sachverhalt, in dem ein sozialer Leistungsträger ein Vergabeverfahren über Leistungen der Eingliederungshilfe durch den Einsatz von Integrationshelfern an örtlichen Schulen vor den Sozialgerichten beanstandete. Weiter kommt er auf die prozessualen Fragen des Rechtswegs, der Klagebefugnis und des Feststellungsinteresses in Bezug auf die streitige Frage zu sprechen. Im Anschluss wird die Begründetheit des auf die Unterlassung der Ausschreibung und des Zuschlags gerichteten Anspruchs thematisiert. Dabei werden die rechtliche Ausgangslage, die Ausschreibungsverpflichtung selbst, die Berechtigung zur Ausschreibung sowie der Unterlassungsanspruch konkret erläutert. Letztlich wird das Fazit gezogen, dass mit der Entscheidung des Bundessozialgerichts überzeugend geklärt sei, dass im Bereich der Eingliederungshilfe Leistungsträger nicht nur keine Ausschreibungspflicht treffe, sondern sie darüber hinaus auch nicht berechtigt seien, auszuschreiben. Denn eine solche Vergabe von Aufträgen bedeute einen Eingriff in den Markt, der zur Verwerfung der Konkurrenzverhältnisse führe und mit dem Gesetz nicht vereinbar sei.
Rezensent
Rezension abgeschlossen
ja

Geschlossene EU-Lieferkette kein zulässiges Zuschlagskriterium bei Vergabe von Arzneimittelrabattverträgen

Autor
Amelung, Steffen
Heft
12
Jahr
2023
Seite(n)
768-771
Titeldaten
  • Amelung, Steffen
  • NZBau - Neue Zeitschrift für Bau- und Vergaberecht
  • Heft 12/2023
    S.768-771
Zusätzliche Informationen:
Aufsatz

Katharina Weiner,
Abstract
Der Verfasser setzt sich mit dem jüngst ergangenen Urteil des OLG Düsseldorf zur Unzulässigkeit des Zuschlagskriteriums „geschlossene EU-Lieferkette" bei der Vergabe von Arzneimittelrabattverträgen auseinander. Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens war das Vorgehen gesetzlicher Krankenkassen als Zuschlagskriterium (in Gestalt eines Wirtschaftlichkeitsbonus) eine sog. geschlossene EU-Lieferkette, d.h. eine ausschließliche Herstellung der Arzneimittel auf dem Gebiet der EU, eines GPA-Unterzeichnerstaats oder eines Freihandelspartners der EU, vorzusehen, um auf wiederkehrende Lieferengpässe bei der Bereitstellung von Arzneimitteln im Rahmen Arzneimittelrabattverträgen zu reagieren. Das Gericht sah in dem Zuschlagskriterium einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 97 Abs. 2 GWB) und das Gebot der Verwendung objektiver Zuschlagskriterien (§ 127 Abs. 4 Satz 1 GWB). Das Kriterium führt zu einer Ungleichbehandlung auf Basis des Herkunftsstaates/Produktionsortes, welche weder über das GWB noch europarechtlich zu rechtfertigen ist. Ferner sei das Kriterium ungeeignet, europäische Umwelt- und Sozialstandards sowie die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, da es die unterschiedlichsten Staaten privilegiert. Zudem könne mit einer versorgungsortsnahen Lagerung eine mildere Maßnahme gewählt werden. Der Verfasser folgert aus der Entscheidung, dass den Auftraggebern damit in der Praxis enge Grenzen für den Gebrauch von standortbezogenen Zuschlagskriterien gesetzt sind, die jeweils hinreichender Begründung bedürfen. Abschließend diskutiert er die Frage, ob aktuelle gesetzgeberische Initiativen (z.B. die Einführung einer lokalisierungsbezogenen Losbildung gemäß § 130a Abs. 8a SGB V n.F.) das Problem der Lieferengpässe adäquat adressieren und künftigen Überprüfungen mit höherrangigem Vergaberecht standhalten können.
Rezensent
Rezension abgeschlossen
ja

Keine Geltung des Konzernprivilegs im Vergabeverfahren Zugleich Besprechung von EuGH, Urt. v. 15.9.2022 - C-416/21

Autor
Mädler, Jan
Stall, Miriam
Normen
§ 124 Abs. 1 Nr. 4 GWB
Art. 57 Abs. 4 UAbs. 1 lit. d RL 2014/24/EU
Art. 101 AEUV
§ 298 StGB
Gerichtsentscheidung
EuGH, Urt. V. 15.09.2022 – C-416/21
BayOLG, Beschl. V. 24.06.2021 – Verg 2/21
Heft
10
Jahr
2023
Seite(n)
256-266
Titeldaten
  • Mädler, Jan; Stall, Miriam
  • ZWH - Wirtschaftsstrafrecht und Haftung im Unternehmen Zeitschrift für Wirtschaftsstrafrecht, Steuerstrafrecht und Unternehmensrecht
  • Heft 10/2023
    S.256-266
Zusätzliche Informationen:
Aufsatz

§ 124 Abs. 1 Nr. 4 GWB, Art. 57 Abs. 4 UAbs. 1 lit. d RL 2014/24/EU, Art. 101 AEUV, § 298 StGB

EuGH, Urt. V. 15.09.2022 – C-416/21, BayOLG, Beschl. V. 24.06.2021 – Verg 2/21

Daniel Bens, avocado rechtsanwälte, München
Abstract
Die Autoren beschäftigen sich in ihrem Beitrag mit der Frage, ob das kartellrechtliche Konzernprivileg in Vergabeverfahren der öffentlichen Hand eine Rechtfertigung dafür bilden kann, dass sich konzernverbundene Unternehmen über die Inhalte der (einzureichenden) Angebote abstimmen. Gegenstand des Artikels ist die Entscheidung des EuGH vom 15.09.2022, in welcher der EuGH einerseits konstatiert, dass das kartellrechtliche Konzernprivileg keine Rechtfertigung für die Absprache der Angebotsgestaltung bzw. den Informationsaustausch zwischen konzernverbundenen Unternehmen bei öffentlichen Vergabeverfahren darstellt und andererseits aber der bloße Umstand der Konzernverbundenheit keinen Verstoß gegen den Geheimwettbewerb indiziert. Zum Beginn des Beitrags erfolgt eine kurze Darstellung der Ausgangslage, dem Sachverhalt der Entscheidung des EuGH und der Vorlagefragen des BayOLG. Grundlage des Vorlagebeschlusses war die Frage, ob zwei konzernverbundene Bieterunternehmen rechtmäßig vom Wettbewerb gemäß § 124 Abs. 1 Nr. 4 GWB ausgeschlossen worden waren, wobei infolge Personenidentität die Kenntnis des jeweiligen Angebotsinhalts feststand. Das BayOLG wollte daher vom EuGH wissen, ob das Konzernprivileg hier dem Ausschluss entgegenstand. In der Folge beschreiben die Autoren zunächst die Grundlagen des kartellrechtlichen Konzernprivilegs. Daran anknüpfend erläutern die Autoren zunächst die Wichtigkeit des Geheimwettbewerbs im Vergaberecht, beschreiben die Problematik, wenn zwei konzernverbundene Unternehmen jeweils ein getrenntes Angebot abgeben und stellen den bisherigen Stand der Rechtsprechung zu dieser Problematik dar. Anschließend erfolgt dann die Darstellung der Entscheidung des EuGH vom 15.09.2023, welcher feststellt, dass der Ausschlusstatbestand des Art. 57 Abs. 4 UA 1 d) RL 2014/24/EU eben sowohl Vereinbarungen erfasst, die gegen Art. 101 AEUV verstoßen, als auch sonstige wettbewerbsbeschränkenden Abreden, die nicht unter Art. 101 GWB fallen. Allerdings muss eine konkrete Beeinflussung auch festgestellt werden, sodass die bisherige Praxis in der Rechtsprechung widerlegbar zu vermuten, dass eine Absprache bei konzernverbundenen Unternehmen erfolgt, nach Ansicht der Autoren wohl so nicht haltbar sein dürfte. Daran anknüpfend beschreiben die Autoren dann die Folgen für konzernverbundene Unternehmen und konstatieren, dass für den Fall, dass konzernverbundene Unternehmen verschiedene Angebote einreichen wollen, der Wettbewerb beispielsweise durch sogenannten „Chinese Walls“ unverfälscht sein muss. Allenfalls die prozessuale Ausgangssituation dürfte sich im Fall eines Ausschlusses leicht verbessert haben. Abschließend setzen sich die Autoren dann auch mit der Strafbarkeit wettbewerbsbeschränkender Absprachen gem. § 298 StGB auseinander. Für eine solche Strafbarkeit dürfte nach Ansicht der Autoren zu differenzieren sein, ob es sich um eine Ausschreibung eines öffentlichen oder eines privaten Auftraggebers handelt, da in letzterem Fall wohl das Konzernprivileg greifen dürfte, sodass das Verhalten nicht rechtwidrig wäre.
Rezensent
Rezension abgeschlossen
ja

Wiederkehr der Parallelausschreibung?

Autor
Trautner, Wolfgang
Gerichtsentscheidung
OLG Hamburg, 20.3.2023 - 1 Verg 3/22
Heft
12
Jahr
2023
Seite(n)
777-779
Titeldaten
  • Trautner, Wolfgang
  • NZBau - Neue Zeitschrift für Bau- und Vergaberecht
  • Heft 12/2023
    S.777-779
Zusätzliche Informationen:
Aufsatz

OLG Hamburg, 20.3.2023 - 1 Verg 3/22

Dr. Martin Dieckmann, ESCHE SCHÜMANN COMMICHAU, Hamburg
Abstract
Der Aufsatz befasst sich mit einem Beschluss des Vergabesenates des Hanseatischen Oberlandesgerichtes Hamburg vom 20.03.2023 (1 Verg 3/22) insbesondere unter dem Gesichtspunkt, inwieweit dieser einen Beitrag zu der Diskussion um die Zulässigkeit sog. Parallelausschreibungen leistet. Gegenstand der gerichtlichen Beurteilung war ein Realisierungswettbewerb mit nachgeschaltetem Verhandlungsverfahren nach der VgV, der Planungsleistungen für ein größeres Bauvorhaben zum Gegenstand hatte. Die Planungsleistungen sollten sowohl für eine mögliche GU-Vergabe der anschließenden Bauleistungen als auch für deren losweise Vergabe angeboten werden, wobei sich der Auftraggeber vorbehielt, die Entscheidung für eine der beiden Varianten erst im Vertragsvollzug, nämlich nach Abschluss der HOAI-Leistungsphase 4 (Genehmigungsplanung), zu treffen. Dieses durchaus praxisübliche Konzept hatte ein Bieter u.a. mit dem Argument gerügt und vergabegerichtlich angegriffen, dass es sich um eine unzulässige „alternative“ Ausschreibung der Planungsleistungen handele, die gegen die Vorgabe einer hinreichend eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung (§ 121 Abs. 1 GWB) verstoße. Dem folgte das Gericht nicht. Es hielt im Ergebnis auch die vergaberechtlichen Grundsätze der Transparenz und Gleichbehandlung nicht in relevanter Weise für berührt. Da der Auftraggeber die Entscheidung für eine der beiden Varianten erst nach Abschluss des Vergabewettbewerbs treffe, bestehe nicht die Gefahr, dass der Auftraggeber im Vergabewettbewerb (über die Planungsleistungen) mit manipulativer Absicht das Ergebnis der Angebotswertung steuern könne. Nach Auffassung des Rezensenten leistet das Gericht mit dieser Entscheidung einen wichtigen Beitrag zu der Diskussion um die „Parallelausschreibung“ im Bereich des öffentlichen Bauens. Ob dies tatsächlich so ist, erscheint allerdings hiesigen Erachtens fraglich. Denn anders als in den üblicherweise unter den Begriff der Parallelausschreibung subsumierten Fällen ging es in dem seitens des OLG Hamburg entschiedenen Fall gerade nicht um die Sachverhaltskonstellation, dass zur Erreichung des Ausschreibungsziels der zur Prüfung stehenden Ausschreibung zwei oder mehr Angebots- und Ausführungsvarianten zugelassen werden, von denen sich der Auftraggeber im Rahmen der vergleichenden Angebotswertung für eine entscheidet. Eher schon dürfte der Fall der Rechtsdiskussion um die Zulässigkeit von Bedarfs- und Eventualpositionen zuzuordnen sein.
Rezensent
Rezension abgeschlossen
ja

Experimentierklauseln für die Energiewende auf dem beihilferechtlichen Prüfstand

Autor
Eh, Jakob
Heft
24
Jahr
2023
Seite(n)
1127-1130
Titeldaten
  • Eh, Jakob
  • EuZW - Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
  • Heft 24/2023
    S.1127-1130
Zusätzliche Informationen:
Aufsatz

Dr. Stephen Lampert, Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, München
Abstract
Der auf ein Forschungsprojekt zurückgehende Beitrag befasst sich mit beihilferechtlichen Anforderungen und Grenzen der im Zuge der „Reallabor“-Strategie für die Energiewende derzeit verstärkt eingesetzten Experimentierklauseln. Sie sollen einen Impuls für Innovationen geben, indem sie dazu ermächtigen, hemmende Vorschriften in Einzelfällen nicht oder in modifizierter Form anzuwenden. Darin könne eine Beihilfe liegen, wenn der Staat über die Befreiung von rechtlichen Hindernissen hinaus finanzielle Mittel gewährt oder an sich gegebene wirtschaftliche Belastungen abbaut (wie z.B. im SINTEG-Programm). Es müsse dann beihilferechtlich geprüft werden, ob ein Ausnahmetatbestand aus der AGVO erfüllt ist oder das Notifikationsverfahren durchlaufen werden muss. Im Ergebnis wirke das Beihilfenrecht auf die Ausgestaltung von Reallaboren ein, verhindere sie aber nur in den seltensten Fällen
Rezensent
Rezension abgeschlossen
ja